2|2024 (März, April, Mai)
Frühling
Der Frühling ist ein Neustart. Das ist nichts Neues, ändert aber alles. In der Natur ist das alte Laub längst abgeworfen und frisches Grün dominiert das Panorama. Im Haus vertreibt der Frühjahrsputz liegengebliebenen Staub aller Art und eine wärmende Frühlingssonne scheint durch die frischgeputzten Fenster. Eine überbordende Motivation, ein regelrechter Drang macht sich breit. Menschen strömen aus ihren Wohnungen und Häusern, das Leben erwacht von Neuem. Übrigens haben in meinen gefühlten Erinnerungen die Waldspaziergänge mit meinen Großeltern ausschließlich im Frühling stattgefunden. Ich weiß, dass dem nicht so war. Aber vor meinem inneren Auge schlängeln sich unsere Wege immer durch saftig-grüne Buchenwälder.
Zwei Lieder begleiteten uns auf unseren Wegen. Zum einen „Und eins, und zwei, und drei, … Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm, vorwärts, rückwärts, seitwärts, ran, Hacke, Spitze, hoch das Bein.“ Zum anderen „Im Frühtau zu Berge“. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dieses Lied mitwächst und erst nach und nach die tieferen Schichten seines Textes preisgibt: „Im Frühtau zu Berge wir ziehen, fallera. Es grünen die Wälder und Höhn, fallera. Wir wandern ohne Sorgen, singend in den Morgen, noch ehe im Tale die Hähne krähn.“ Die dritte Strophe wiederum lautet: „Werft ab alle Sorgen und Qual, fallera, und wandert mit uns aus dem Tal, fallera. Wir sind hinausgegangen, den Sonnenschein zu fangen. Kommt mit und versucht es doch selbst einmal.“ Meine Lieblingsstrophe war immer die mit dem Grillenfangen. Denn die Worte Sorgen und Qual waren für mich so weit weg, vor allem in diesen Augenblicken der gemeinsamen Zeit mit meinen Großeltern, Spaziergehen und Singen.
Heute ist das anders. Heute kann ich sehr genau benennen, was mir Sorgen bereitet, was mich quält, mich beunruhigt und belastet. Einen sorgenvollen Anteil hatten menschliche Leben leider schon immer. Im Matthäusevangelium ist von Jesus überliefert: „Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch abmüht und belastet seid! Ich will euch Ruhe schenken.“ Die Suche nach innerer Ruhe anstatt der inneren Unruhe ist nicht neu. Ideen gibt es viele. Der Frühling macht uns vor, dass eine innere Ruhe manchmal auf eine äußere Unruhe angewiesen ist: Neustart, Aufbrechen, Veränderung. „Im Frühtau zu Berge“ empfiehlt viel Bewegung und Sonnenschein als Weg aus dem Tal. Seit jeher bewährt sich Jesus als Ruhepol, als Weg und Licht in unserem Leben. Wie gut, dass uns beides sehr guttut. „Kommt mit und versucht es doch selbst einmal.“
Pastor Matthias Freytag, St. Paulus Burgdorf