Gemeindebriefe

Titelbild 2022-2: Aufatmen

2022 | Ausgabe 2 - 2022 | März, April, Mai

22.03.2022 | 2,4 MiB

Aufgrund organisatorischer Verzögerungen erscheint der Gemeindebrief leider mit vierwöchiger Verspätung. Der Redaktionsschluss lag vor Beginn des Ukrainekrieges, die Texte spiegeln das deshalb nicht wider.

Kennen Sie den?

Josef von Arimathäa hatte sein eigenes Grab für das Begräbnis Jesu zur Verfügung gestellt. Am Abend kommt er nach Hause und versucht seiner Frau schonend beizubringen, dass die Familiengrabstätte nun belegt sei. Seine Frau regt sich auf, wird wütend und schreit: „Josef, wie konntest du nur? Unser Grab! Wo sollen wir jetzt bestattet werden?“ Josef bewahrt die Ruhe, atmet tief durch und sagt: „Schatz, reg dich doch nicht so auf! Es ist doch nur über‘s Wochenende!“

Im Gottesdienst Witze erzählen – für manche undenkbar. Und doch gab es diese Tradition bis ins 18. Jahrhundert. Das „Osterlachen“. Ich lache dem Tod ins Gesicht. Ich lache, weil das die Angst vertreibt. Ich lache, weil das Leben eben doch stärker ist als der Tod. Lachen befreit - das spüren wir im ganzen Körper. Ich atme tiefer, nicht nur meine Gesichtsmuskeln bekommen ordentlich zu tun und ich fühle mich wohler.

Ich vergesse dabei nicht das Leid um uns herum. Viele sind krank, manche gestorben. Doch das, was wir jetzt brauchen, ist Hoffnung und Freude. Nach Karfreitag folgt der Ostersonntag. Jesus duckt sich nicht weg, sondern geht den Weg in den Tod. Auch bei unserem Sterben lässt er uns nicht allein. Geht mit uns durch das Dunkel hindurch und begleitet uns auf dem Weg in Gottes Hoffnungsland. Seit Ostern haben wir eine Ahnung davon, wie das Leben weitergehen kann. Das feiern wir. Wenn das kein Grund zur Freude ist!

Begegne anderen mit Humor und Freundlichkeit. Auch wenn dir die Rolle als Spaßvogelnicht auf den Leib geschrieben ist, kannst du für eine gute Atmosphäre sorgen: In der Familie, mit Freunden, am Arbeitsplatz. Humor hilft, Situationen zu entspannen ohne jemanden bloß zu stellen. Lachen hilft, tief durchzuatmen und sich selbst nicht zu ernst zu nehmen.

In einigen Gemeinden wird das Osterlachen gerade wiederbelebt. Vielleicht gar keine schlechte Idee.

Mit fröhlichen Grüßen
Anja Schawohl

Titelbild 2022-1: Runde Sache

2022 | Ausgabe 1 - 2022 | Dezember, Januar, Februar

09.12.2021 | 6,0 MiB

Alle Jahre wieder...

Kommt Weihnachten. Kommt das Christuskind. Kommt der Weihnachtsmann. Und davor die Adventszeit.

Alle Jahre wieder kommt eine neue Welle. Kommen neue Verordnungen und Einschränkungen.

Wie geht es Ihnen damit? Kommt dies Jahr Weihnachts-Vor-Freude auf? Wie sehen Ihre Planungen aus? Planen Sie überhaupt noch was mit der Familie oder Freunden an Weihnachten?

Alle Jahre wieder... kommt Weihnachten. Egal, was um uns herum und in uns passiert.

Wir bekommen vier Wochen geschenkt, in denen wir uns vorbereiten können. Schmücken können: das Haus, die Wohnung, den Garten, das Herz. Vier Wochen, in denen wir drinnen und draußen Lichter anzünden. Gegen die Dunkelheit. Gegen die Kälte in uns und um uns. In der Gesellschaft. Lichter, die uns hoffen lassen. Hoffen lassen auf leichtere Zeiten. Auf mehr Verständnis untereinander. Auf eine friedlichere Welt, in der jedes helle Kinderlachen zu hören ist. Fröhlich und unbeschwert.

Alle Jahre wieder... all diese Hoffnungen. Geballt treffen sie uns in diesen Wochen. Und viele bleiben unerfüllt. Oder vermeintlich unerfüllt. Weil es oft so kleine Dinge sind, die sich ändern, und die wir übersehen. Ich denke da an all die lieben Worte und Begegnungen, die ich trotz schwierigen Start-Zeiten im letzten Jahr erfahren durfte. Ich habe Hilfe erfahren an Punkten, an denen ich nicht damit gerechnet habe. Und ich habe eine Zimmerpflanze ein ganzes Jahr am Leben erhalten - ein großes Wunder. Die Hoffnung, dass es klappt, die hatte ich, dass es tatsächlich so wurde – freut mich unglaublich. Welche Hoffnungen sind Ihnen in Erfüllung gegangen?

Alle Jahre wieder... Wird es Advent. Unsere gekränkte Welt ist gerade nicht bestimmt von schmucken Licht und guter Hoffnung. Da hilft mir die Trotzkraft des Kirchenjahres. Es wird Advent, mit uns, unabhängig von uns, in uns, trotz allem. Die Lichter dieser Zeit lassen uns hoffen. Die Lieder dieser Zeit singen uns in Erwartung.

Das schreib dir in dein Herz. Seid unverzagt! Ihr habt die Hilfe vor der Tür. Der eure Herzen tröstet ist allhier.

So die Strophe aus Paul Gerhardts Lied „Wie soll ich dich empfangen“. In diesem Advent will ich es mir selbst ins Herz schreiben: Seid unverzagt! Beherzt! Dass wir voll Trost und Zuversicht auf dieses Weihnachtsfest zugehen können und in das neue Jahr! In dem uns Jesus mit offenen Armen und vielen kleinen Rettungsboten gegen Angst und Einsamkeit entgegenkommt:

Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.

Ich wünsche Ihnen und Euch eine hoffnungsfrohe und helle Advents- und Weihnachtszeit und ein gesegnetes und gesundes neues Jahr!

Ihre Pastorin
Dorothea Wöller

Titelbild 2021-4: Freiheit

2021 | Ausgabe 4 - 2021 | September, Oktober, November

20.09.2021 | 5,3 MiB

Freiheit

Ich glaube an die Aufklärung. Ich glaube an die Freiheit. An die Freiheit der Gedanken. An die Freiheit des Wortes. An die Freiheit des Glaubens.

Doch wir alle erleben es in dieser Zeit: die Freiheit erleidet Rückschläge. Sie ist in Gefahr. Corona-Leugner und Impfgegner. Demokratiefeinde auf den Stufen des Reichtags in Berlin und als wütender Mob im Capitol in Washington, DC. Freiheit ist bedroht. Freiheit ist nicht selbstverständlich.

Ich habe immer in Freiheit gelebt. Musste nie Angst haben, meine Meinung zu sagen. Meinen Glauben in aller Freiheit und Offenheit zu leben: Offen. Kritisch. Zweifel zulassend. Ohne Zwang. Mit Liebe. Zu mir selbst. Zu denen um mich herum.

Meine Freiheit darf nicht die Freiheit der Anderen beschneiden. Und das erlebe ich im Moment immer öfter als ein Problem. Wie weit darf ich gehen? Wo darf ich meine Nächste nicht aus dem Blick verlieren? Diese und andere Fragen stelle ich mir. Sie sich vielleicht auch?

Was wird aus den Kindern, jetzt, nach den Sommerferien? Wie wird sich unser Miteinander weiter gestalten? In der Gemeinde? In unseren Orten? Wann fallen wir uns wieder in die Arme, voll Erleichterung?

Christus hat uns befreit, damit wir endgültig frei sind. (Galater 5,1a)

Gott will die Freiheit des Menschen. Gott geht für uns in Gefangenschaft. Er lässt sich in Jesus Christus gefangen nehmen. Er hält unsere Unfreiheiten aus: Unsere Wut. Unsere Angst. Unsere Sinnlosigkeit. Unseren Tod. Nimmt Gott auf sich. Damit wir frei werden.

Jesus spricht:
„Nur wenn ihr an meinem Wort festhaltet, könnt ihr wirklich meine Jünger sein. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.“

Gott nimmt den Tod auf sich. So groß ist seine Liebe. So wertvoll ist unsere Freiheit.

Lasst sie uns in Liebe und Verantwortung gemeinsam leben.

Ihre Pastorin
Dorothea Wöller

Titelbild 2021-3

2021 | Ausgabe 3 - 2021 | Juni, Juli, August

31.05.2021 | 6,7 MiB

Träume

Träumen tun wir alle. Zu allen Zeiten. Auch Jakob. So schwer wie ein dicker Stein, so stelle ich mir vor, ist der Stein, der auf Jakobs Herzen liegt.

Jakob ist unterwegs. Er muss weg, fort von Zuhause. Denn dort hat er riesigen Mist gebaut. Er hat seinen Vater belogen und seinen Bruder betrogen. Hat sich den Segen und das Erbe erschlichen. Und nun ist sein Bruder, der auf den Segen und das Erbe als Älterer Anrecht hatte, natürlich stinksauer. Er ist so wütend auf Jakob, dass diesem nichts als die Flucht bleibt. Er muss weg. Schnell!

Seine Mutter hat ihm noch etwas zu Essen eingepackt und ihm gesagt, dass er zu seinem Onkel gehen soll. Solange, bis der Zorn des Bruders verraucht ist. Aber – wann wird das sein?

Und so ist Jakob unterwegs. Weiß nicht, was auf ihn zukommt. Wie werden seine Verwandten ihn aufnehmen? Wird es gut mit ihm weitergehen? Hat er überhaupt eine Zukunft? Und wenn ja, wie sieht sie aus?

Jakob ist traurig. Ängstlich. Müde. Es wird Nacht. Mitten in der Wüste. Er legt sich hin. Nimmt einen Stein. Legt ihn unter seinen Kopf. Und irgendwann fallen ihm die Augen zu. Jakob schläft ein.

Da träumt er: Der Himmel öffnet sich und Engel kommen - wie auf einer Leiter – zu ihm herab. Mitten im Traum spürt Jakob: Die Engel bringen ihm Kraft von Gott mit. Er fühlt sich nicht mehr so allein. Die Engel steigen die Leiter wieder hinauf. Und Jakob spürt: Sie nehmen mit, was ihm auf dem Herzen liegt. Seine Ängste und Fragen, aber auch seine Schuld und seine traurigen Gedanken.

Und dann hört er aus dem Himmel eine Stimme – Gottes Stimme: „Ich bin dein Gott. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Siehe, ich bin bei dir und behüte dich überall, wohin du auch gehst. Ich werde dich nicht verlassen, und alles tun, was ich dir zugesagt habe.“

Nach diesem Traum wacht Jakob auf. Er fühlt sich viel leichter. Befreit. Der Stein auf seinem Herzen ist verschwunden. So, als hätten die Engel die schwere Last mit zu Gott genommen. Jakob steht auf. Er nimmt den Stein, auf dem er geschlafen hat. Er stellt ihn auf und sagt: „Das ist mein Erinnerungsstein dafür, dass Gott an diesem Ort ist.“ Und dann macht er sich auf den Weg. Gestärkt und getröstet. Er vertraut darauf: Gott ist bei mir. Er geht meinen Weg mit.

Gott geht mit. Jakob – und viele andere – haben diese Erfahrung gemacht. Gott lässt dich nicht allein. Er ist da. Mit dir unterwegs. Alles Schwere und alles Leichte haben bei ihm seinen Platz.

Gute Träume wünscht Ihnen Ihre
Anja Schawohl